Solide Zusammenarbeit: Trendmodell solidarische Landwirtschaft
Lebensmittel zu fairen Preisen, zufriedene Kundschaft und ein gutes Leben für die Landwirte – das möchte die solidarische Landwirtschaft (community-supported agriculture) erreichen.
Bei diesem Konzept arbeiten Landwirtinnen direkt mit einer gewissen Anzahl an Konsument*innen zusammen, auf die sie ihre Ernte aufteilen. Die Landwirt*innen bekommen dafür vorab einen festgelegten finanziellen Beitrag, der ihnen ein sicheres Einkommen beschert. Ein Modell, das auch in Österreich immer beliebter wird.
Großes Vorbild: Die Hansalim Genossenschaft
Die weltweit größte Vereinigung für solidarische Landwirtschaft ist die Hansalim Genossenschaft für Bioprodukte in Südkorea.
Mitte der 1980er schlossen sich dort Landwirtinnen zu einer Genossenschaft zusammen, um gemeinsam Abnehmerinnen für biologische und nachhaltig angebaute Lebensmittel zu finden. Das Prinzip der solidarischen Landwirtschaft ermöglichte ihnen, sich ohne wirtschaftliches Risiko auf neue Methoden des Pflanzenanbaus zu konzentrieren. Die Mitglieder der Genossenschaft beteiligten sich finanziell an den Betrieben, dadurch konnten sie deren Existenz bereits zu Beginn des Jahres absichern. Lief das Erntejahr gut, freuten sich alle gleichermaßen. Die Verluste schlechterer Erntejahre wurden ebenfalls auf alle Beteiligten aufgeteilt.
Über 2.400 landwirtschaftliche Betriebe sind mittlerweile bei Hansalim dabei und versorgen zwei Millionen Menschen in über 600.000 Haushalten.
Das Prinzip der solidarischen Landwirtschaft bei Hansalim bietet zusätzlich drei wesentliche Vorteile:
Mehr Transparenz:
Zu Jahresbeginn entscheidet eine Kommission über den Preis der einzelnen Produkte und wie viel die Landwirtinnen daran verdienen. Dazu werden im Vorfeld gemeinsam mit den Konsumentinnen die Erträge aus dem laufenden Jahr ausgewertet und Vorhersagen für die erwartete Ernte gemacht. Die Preise sind Kompromisse zwischen den beiden Seiten: In der Vergangenheit sind rund drei Viertel der Verkaufserlöse an die Betriebe ausgezahlt worden. Zwischenhändler*innen gibt es bei Hansalim keine.Aufklärung und Wissensvermittlung:
Hansalim hat 200 eigene Mitarbeiterinnen, die die Mitglieder mit Newslettern und einer monatlichen Zeitschrift über die Tätigkeiten der Genossenschaft informieren. Zusätzlich stehen sie den Mitgliedern bei Fragen jederzeit zur Verfügung und organisieren Betriebsbesichtigungen für noch stärkere Verbundenheit mit den Produkten der Landwirtinnen.Eine starke Community:
Den Mitgliedern von Hansalim ist nicht nur die hohe Qualität der Produkte wichtig. Vielmehr fühlen sie sich als Teil einer Bewegung und erfreuen sich an der direkten Beziehung zu den Produzent*innen.
Solidarisch im Sausal: die Kleine Farm
Auch in Österreich haben mittlerweile zahlreiche Betriebe auf die solidarische Landwirtschaft umgestellt. Einer der ersten von ihnen war die Kleine Farm in St. Nikolai im Sausal, rund 30 Kilometer südlich von Graz.
Die Juristin Ulli Klein und ihr Ehemann Scott haben die solidarische Landwirtschaft in den USA kennengelernt und 2011 ihren Betrieb in der Steiermark gegründet, indem sie einen ehemals konventionell bewirtschafteten Acker auf den biologischen Anbau von Gemüse, Obst, Kräutern und Schnittblumen umgestellt haben.
Die Ernte wird nicht pro Stück oder Kilo verkauft, sondern zur Gänze auf die rund 100 Mitglieder der Hofgemeinschaft aufgeteilt. Bezahlt wird der jeweilige Ernteanteil zum Saisonbeginn oder in monatlichen Raten.
Pay as you wish
In der Hauptversammlung Anfang des Jahres präsentiert Ulrike Klein den Mitgliedern, welches Gemüse angebaut wird, wie viel Budget der Hof benötigt und welche gemeinsamen Aktivitäten am Hof geplant sind. Jedes Mitglied der Hofgemeinschaft schreibt dann seinen persönlichen finanziellen Beitrag auf einen Zettel. Manche zahlen mehr und manche weniger, je nach den eigenen finanziellen Möglichkeiten. Insgesamt muss aber das erforderliche Gesamtbudget erreicht werden. (Der Richtwert für einen Anteil ist ca. 32 Euro pro Woche, an denen die Gemüseernte verteilt wird).
Die Hofgemeinschaft übernimmt somit gemeinsam die finanzielle Verantwortung für den Betrieb und garantiert zugleich, dass die Ernte auch abgenommen wird. Die Mitglieder erhalten dann ab Ende März jede Woche eine frische Ernte (ca. 8-15 verschiedene Gemüsearten) und können sie entweder bei der Kleinen Farm ab Hof oder bei Ständen in Graz oder Stainz abholen. Jeder nimmt, was er benötigt.
Die Gemeinschaft ist bei der Kleinen Farm enorm wichtig: Alle Mitglieder erhalten ein wöchentliches Update mit Beiträgen über den Hofalltag, die Arbeit auf dem Feld und verschiedene Rezepte. Und sie können auch mitarbeiten.