Warum Hip-Hop den geilsten Käse macht
Emmentaler, Gouda, Gorgonzola, whatever – bei Käse spalten sich die Meinungen, wie sonst nur bei Musik. Darum hat der Schweizer Pferdearzt und Hobbykäser Beat beides verbunden und siehe da: Unterschiedliche Musikrichtungen erzeugen unterschiedliche Geschmäcker. Und: Hiphop macht den geilsten Käse.
Ein halbes Jahr lang wurden 2019 im Käsehaus K3 in Bern einzelne Laibe Emmentaler je mit einer anderen Musik beschallt. Von Rock über Volksmusik und sogar Sinuswellen (quasi die Grundform einer Schallwelle) war alles dabei. Zum Vergleich gab es auch einen Laib der ganz ohne Beschallung auskommen musste. Das Ergebnis ist bahnbrechend: Abhängig von der Musik, mit der der Käse beschallt wurde, unterschieden sich die verschiedenen Laibe optisch und auch im Geschmack.
„Der Hiphop-Emmentaler ist sehr fruchtig und süß im Geschmack und hat im Vergleich sehr große Löcher“, erklärt Beat, dem der Hiphop-Käse im Vergleich zu den anderen am besten schmeckt (Anmerkung: Ja, er heißt wirklich so). Das Ergebnis des Experiments wurde nicht nur durch eine hochkarätige, kulinarische Jury, sondern auch durch eine Forschungsgruppe der Züricher Hochschule für angewandte Wissenschaft (ZHAW) bestätigt: Hiphop-Käse schmeckt nachweislich besser als die Vergleichskäsesorten.
Dass sich der music-cheese, so wie Beat ihn nennt, gut vermarkten lässt, war schnell klar. Er hat ihn nämlich unter anderem sogar in thailändische Zeitungen und ins kanadische Radio gebracht. Der Schweizer begann nach dem Experiment also schnell mit der Produktion.
Eminem biss die Laibe beben
Ausschlaggebend für die Geschmacksveränderung ist unter anderem der starke Bass. Im Käsehaus K3 wurde deswegen technisch ausgebaut. Eine neue Soundanlage beschallt seither den Emmentaler je ein Jahr lang mit fetten Hiphop-Beats und zwar: Eminem – Without me. Und zwar so laut, dass der Käse bebt. Während wir im letzten Jahr auf kein Konzert gehen konnten, hat der Emmentaler in den Alpen so richtig abgefeiert.
Doch auch für alle Nicht-Eminem-Fans gibt’s einen passenden Käse. Zum Beispiel den goats k3, einen Ziegenkäse, der knapp ein halbes Jahr lang zu Jazz (We’ve Got) von A Tribe Called Quest reift (raved). Aber auch der Rock-Käse, der Led Zeppelin hört, und sein mit Schweizer Volksmusik beschalltes Pendant, der Folk-Käse, verkaufen sich gut.
Was aber auffällt: Nur weil man eine bestimmte Musikrichtung mag, muss einem der dazu passende Käse nicht auch schmecken. So mancher Hiphop-Stan mag es vielleicht doch lieber milder. Dem wäre dann der Rock-Käse eher zu empfehlen, meint Beat.
Der Musik-Käse ist jedenfalls ein Marketing-Schlager. So liefert alleine die Welt der Musik ein unendliches Universum verschiedener Beschallungsmöglichkeiten. Und jetzt wurde auch eines der größten Hiphop-Festivals Europas auf den Käse aufmerksam. Das Frauenfeld-Festival hat Beat in seinem Käsehaus besucht und sogar ein paar Stücke Hiphop-Käse im Radio verlost. Heuer fällt es leider wieder aus, aber wer weiß, vielleicht gibt es nächstes Jahr ja bereits einen Frauenfeld-Festival-Käse? Beat ist demgegenüber jedenfalls optimistisch gestimmt.
Can’t stop the Beat
„Es ist bahnbrechend, dass wir mit Mikroben über Schallwellen kommunizieren können“, so Beat. Für die Zukunft hat er deshalb große Visionen. Wenn es gelingt den Geschmack und die Form von Käse allein durch Schallwellen zu beeinflussen, dann könnte in dieser Technik auch großes Potenzial für die natürliche Pestizidbekämpfung stecken, ist Beat überzeugt: „Dann könnten wir vielleicht Fäkalbakterien und Salmonellen mit Schallwellen in der Milch töten, während wir gute Bakterien wachsen lassen.“
Die spannenden Ergebnisse des Käse-Experiments sind aber bislang noch immer Hypothesen. Um eine handfeste Theorie aufzustellen fehlt es nämlich noch an vergleichbaren Studien. Die Forschung geht deshalb weiter. Beat untersucht aktuell Rohmilch gemeinsam mit drei Instituten: dem Agroskop, der HKB und der Eidgenössischen Käseanstalt Liebefeld. Rohmilch erforscht sich nämlich einfacher als Emmentaler, der immer rund ein Jahr reifen muss.
Aber die Forschung stoppt nicht bei Milchprodukten. Mittlerweile wird auch Wein mit Musik beschallt. Ergebnisse gibt es hier noch nicht, patentiert ist die G‘schicht aber trotzdem schon. Und die Spannung steigt! Auch wenn es wahrscheinlich nicht die Musikwahl der Forschungsgruppe ist frage ich mich: Wie wohl Wein schmecken würde der nur Raf Camora hört? Oder ein Obstler von den Kastlruther Spatzn?